Es waren lange Monate im Stall und auf den Heimweiden. Kein Wunder, dass die Freude bei Vieh und Mensch jetzt groß ist. Endlich geht es wieder auf unsere Almen! Der späte Schnee im Frühjahr lässt die Almauftriebe in manchen Orten zwar verspätet starten. Doch in anderen Regionen sind Almerinnen und Almer, Bäuerinnen und Bauern schon beim Bestoßen, wie der Almauftrieb auch genannt wird. Nieder- und Mittelalmen in östlichen Gebieten sind schon bereit für das Weidevieh.
Auf niederer Höhe, nämlich 1160 Metern Seehöhe, liegt die Niederkaseralm im Kurzen Grund in der Tiroler Gemeinde Kelchsau. Im vergangenen Jahr ist unser Almfuchs, der dort selbst schon gearbeitet hat, beim Almauftrieb dabei gewesen. Mit dem Viehtaxi ging es für die Kühe hinauf auf saftig grüne Wiesen. Beim Ausladen noch ein wenig unsicher, haben Kühe, Jungvieh und Haflinger von einer anderen Alm im Kurzen Grund gleich danach das frische Gras in Angriff genommen.
Die ersten Momente auf der Alm und den Almauftrieb 2022 könnt ihr im Video mitverfolgen. Es sind eindrückliche Bilder von Tieren, die ihre „Urlaubsunterkunft“ scheinbar schon beim Betreten genießen. Die Almleute Carina Koller und Josef Schroll sowie die Landwirte der Umgebung sind nicht ohne Grund voller Stolz auf ihre Niederkaseralm.
Die Milch der insgesamt rund 90 Kühe wird in einer Schaukäserei zu Käsespezialitäten verarbeitet. Im Sommer ist die Niederkaseralm ein beliebtes Ausflugsziel. Doch erst einmal gehören den Tieren die satten Almwiesen!
Aufgrund der Wetterunsicherheit laufen die meisten Almauftriebe im Land unscheinbar und ohne öffentliches Fest ab. Niedrig gelegene Almen können um den 20. Mai oder früher in Betrieb genommen werden. Lostage, die restlichen Schneemengen sowie das Klima entscheiden mit, wann eine Alm bestoßen wird. Liegen die Almen weit vom Heimathof entfernt, werden die Tiere mit dem „Viehtaxi“ auf den Berg gebracht. Dort gibt es meist abgetrennte Koppelwiesen, um für eine gelenkte Weideführung zu sorgen. Das bedeutet, je nach Graswuchs und Anzahl der Tiere werden bestimmte Flächen geöffnet oder eben abgesperrt. Weidegatter geschlossen zu halten, ist daher oberstes Gebot für all jene, die auf unseren Almen sportelnd unterwegs sind.
Mit der Bewirtschaftung unserer Almen werden einzigartige Kulturflächen, die über Jahrtausende entstanden und Heimat zahlreicher Pflanzen und Tiere sind, offengehalten. Almwirtschaft fördert die Biodiversität der alpinen Gebiete. Sie sorgt mit ihren Weiden auch für einen guten Schutz vor Naturgefahren und -katastrophen. Das grasende Vieh pflegt Flächen, die sonst brach liegen oder verbuschen würden, und die wir im Winter zum Beispiel als Skipiste nutzen. Das Leben auf der Alm unterstützt außerdem die Gesundheit der Weidetiere. Durch traditionelle, qualitätsvolle Nahrungsproduktion am Berg und zahlreiche Freizeitangebote für Einheimische und Touristen werden regionale Wirtschaftskreisläufe ebenso gestärkt. Ohne Almbewirtschaftung würde diese alpine Kulturlandschaft verloren gehen.
Je nach Höhen- und Wetterlage dauern die Almsommer in Österreich zwischen zwei und vier, fünf Monaten. Der 20. September ist für manche Almen ein wichtiger Schließtag. Groß gefeiert wird am Ende einer jeden Almsaison, wenn all das Weidevieh wieder wohlbehalten im Tal angekommen ist. Dann stehen auch die hochwertigen Almprodukte zum Verkosten bereit. Bis es so weit ist, lassen wir den heurigen Almsommer aber erst einmal beginnen.
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