Der Stall hat unseren Weidetieren einen warmen Unterstand in der kalten Jahreszeit gebracht – und bei Futter und Bewegung gewisse Eintönigkeit. Doch vorbei ist’s mit der Winterruhe. Die Wiesen, Weiden und Almen bringen dem Vieh in den warmen Monaten viel Abwechslung. Bevor es im Frühjahr wieder hinaus ins Grüne und hinauf auf die Almen geht, müssen Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde deshalb auf das Leben draußen und „droben“ vorbereitet werden. Weidefit machen, sagen die Kenner dazu. Das geschieht schon Monate vor dem Almauftrieb.
Futter langsam umstellen
In den Wintermonaten hat es für die Tiere vor allem Heu, Gras- und Maissilage sowie Kraftfutter gegeben. Das hat ihren Verdauungstrakt in ein gleichbleibendes Mikrobenmilieu gebracht. Frisches Gras bringt wiederum andere Mikroorganismen mit sich. Für die Umstellung der so genannten Pansenflora auf Weidefutter werden im April oder Mai mindestens zwei Wochen eingeplant. Dabei wird das Winterfutter langsam und portionsweise gegen frisches Wiesengras ausgetauscht. Begonnen wird mit einem Viertel Frisch- und Dreiviertel Winterfutter bis in der Mitte der zweiten Woche schon Dreiviertel Wiesengras und nur mehr ein Viertel Heu gefüttert werden und am Ende der zweiten Woche nur mehr Wiesenfutter gegeben wird. Im besten Fall geschieht das auf der Wiese um den Hof, mitunter aber auch im Stall. Das wird „Eingrasen“ genannt.
Bewegung ermöglichen
Im Stall mit Auslaufzonen ist – verglichen mit Hofwiesen und weitläufigen Weideflächen auf unseren Almen – wenig Platz für Bewegung. Bewegungsapparat und -muster der Tiere sind dementsprechend „eingeschlafen“. Das Vieh und seine Muskulatur werden vor der Alpung daher mehrere Tage an die freie Bewegung im Gelände gewöhnt. Das kann Verletzungen und Unfällen vorbeugen.
Fell pflegen
Schafe sind bereits im März geschoren worden. So kann ihr Wollansatz bis zum Almauftrieb nachwachsen. Kühe werden manchmal vor dem Winterstall geschoren, weil ihnen auf den Herbstweiden ein dickeres Fell wachsen kann. Damit hätten sie im Stall schwitzen können. Bis das Fell wieder trocken ist, würde es länger dauern, Lungenentzündungen oder andere Erkrankungen könnten die Folge sein.
Jetzt ist ein genauer Blick auf das Fell aller Weidetiere angebracht. Denn Ungeziefer kann sich im Fell der Tiere im Winter eingenistet haben. Bei Läusen werden Kühe zum Beispiel durch den Juckreiz unruhig und kratzen sich auffällig oft. Um den Befall rechtzeitig zu erkennen oder rasch zu reduzieren, können die Tiere geschoren werden. So genannte Haarlinge treten häufiger bei Pferden und Ziegen auf. Sie sind Hautparasiten und werden ebenfalls durch die Schur bekämpft. Räudemilben sind winzig klein und nisten sich in der Haut der Weidetiere ein. Stark juckende Ausschläge und Haarausfall sind die Folge. Die so genannte Räude kann bei Rindern eher im Winter ausbrechen, bei Schafen und Pferden ist das Risiko daran zu erkranken auf der Alm höher. Bei Räude werden Tierärzte verständigt.
Hufe und Klauen pflegen
Mindestens drei Wochen vor dem ersten Gang ins Freie findet die Huf- und Klauenpflege statt. Durch die Winterruhe im Stall haben sich Hufe und Klauen nicht auf natürlichem Weg abgenützt wie dies im Sommer auf der Alm der Fall ist. Deshalb wächst den Tieren über die kalte Jahreszeit mitunter mehr Horn. Dies wird vor der Alpung oder Bestoßung, wie es im Fachjargon heißt, entfernt. Dadurch können Hufe und Klauen wieder gleichmäßiger belastet werden, was eine bessere Haltung und einen sicheren Gang im Gelände mit sich bringt. Bei der Huf- und Klauenpflege werden außerdem mögliche Geschwüre und Entzündungen rechtzeitig vor der Almsaison behandelt.
Belegen, Decken und Abkalben einplanen
Milchkühe sollten laut den landwirtschaftlichen Experten um den 150. Laktationstag auf die Alm kommen, daher gilt es sie im Vorjahr bereits Mitte März „zu belegen“, also besamen. Bei Kälbern wird auf ihr Alter geachtet: je nach Almgebiet, Gelände und Seehöhe sind sie bei ihrem ersten Almsommer fünf bis sechs Monaten alt.
Bei Schafen und Ziegen werden die Widder und Böcke Ende April wieder zur Herde gebracht. So gedeckte Muttertiere bringen ihre Lämmer und Zicklein dann im Herbst zur Welt.
Gesundheit kontrollieren
Die ersten Kontrollen der Hufe, Klauen und Felle auf Parasiten und Entzündungen finden bereits im Februar statt. Dabei werden oft Kotproben entnommen. So kann rechtzeitig vor dem Auftrieb eingegriffen werden.
Bei Mutter- und Milchkühen werden die Milch und Eutergesundheit genau geprüft. Denn Euterentzündungen können schnell auf die Herde oder Almtiere aus anderen Ställen übergreifen. Erkrankte Tiere werden deshalb nicht aufgetrieben. Die so genannte Weidemastitis kann in wenigen Tagen ein Euterviertel derart beschädigen, dass es zerstört wird und für das Tier mitunter lebensbedrohlich wird.
Vorbeugende Maßnahmen, wie Klauendesinfektion, Hufpflege, Gabe von Zitzenversiegler, Behandlung von Parasiten, Entwurmung sind in den Frühjahrsmonaten ebenfalls vorgesehen. Pflichtimpfungen werden bei den Rindern im April durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt erfolgt eine weitere Kontrolle der Gesundheit der Tiere. Denn die Almen können tierisch fordernd sein, nur gesunde, fitte und parasitenfreie Tiere sind für den Auftrieb vorgesehen.
Tiere kennzeichnen und zuordnen
Bevor sich die Weidetiere auf unseren Almen tummeln können, wird auch ihr Verhalten beobachtet. Tiere, die nervös, ängstlich oder aggressiv reagieren, sehr scheu sind oder zum Beispiel zum Ansaugen der Euter neigen, bleiben im Tal. Vor dem Almauftrieb werden die Ohrmarken überprüft. Denn jedes Tier muss seinem Besitzer zugeordnet werden können, das schreibt auch das Gesetz vor. Und nun kann es endlich losgehen!
Von der Nieder- auf die Mittel- und Hochalm
Je nach Region und Lage werden die Tiere vor dem Almsommer auf Niederalmen gebracht, um sie an das Klima, Futter und die Herde zu gewöhnen und die Weidezeit zu erhöhen. Niederalmen befinden sich unter 1300 Metern Seehöhe vermehrt in nördlichen und östlichen Alpenregionen. Verschwinden die letzten Schneefelder geht es für die Tiere dann auf Mittelalmen auf zwischen 1300 und 1700 Metern Seehöhe und vor dem Sommer auf Hochalmen, die auf über 1700 Metern Seehöhe vor allem in den westlichen Regionen, in Tirol und Vorarlberg, liegen.
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