Herdenstruktur im Sommer auf der Alm
Auf der Alm haben Rinder viel mehr Freiheiten als im Stall. Sie können während des Almsommers selbst entscheiden ob sie sich lieber auf Freiflächen, Kuppen oder Wäldern aufhalten oder einfach die Zeit im Stall verbringen. Auch hat das soziale Element auf der Alm eine bedeutende Rolle.
Herden sind für Rinder elementar. Eine Kuh sucht stets den Schutz der Gruppe. Zudem verhilft der soziale Kontakt mit anderen Rindern den jüngeren Artgenossen von der Erfahrung der älteren Tiere zu lernen. Durch die hierarchische Organisation der Herde wird festgelegt, wer zuerst Zutritt zu Wasserstellen und Futterplätzen bekommt.
Die Rangordnung der Tiere hängt von verschiedenen Eigenschaften wie Alter, Charakter, Körpergewicht, Hörner und Rasse ab. Auf einer Alm muss die Rangfolge bei jedem Auftrieb neu erkämpft werden. Während weibliche Rinder sich eher mit dem anerkannten Rang begnügen, trachten Stiere immer nach einer besseren Stellung. Denn nur ein ranghoher Stier kann sich mit Sicherheit vermehren. Im Gegensatz dazu kann selbst die rangniedrigste Kuh ihre Gene weitergeben und ein Kalb auf die Welt bringen. Nichtsdestotrotz sollten Hirt:innen vermeiden, einen Stier bei der Begattung zu stören.
Die Rinderhierarchie folgt keiner klaren Struktur, denn die stärkste Kuh ist nicht automatisch die Leitkuh. Auch eine – dem Hirten gegenüber – sehr zutrauliche, aber rangniedrige Kuh kann die Leitkuh darstellen.
Richtiges Locken und Treiben von Tieren
Abgesehen vom Almabtrieb zählt das Bewegen der Tiere auf der Alm zur Hauptaufgabe von Hirt:innen. Prinzipiell kann zwischen Locken und Treiben unterschieden werden.
Locken
Beim Locken folgen die Rinder ihrer Gier nach frischem Weidegras und Futtergaben, die sie von den Hirt:innen erhalten. Wer jetzt glauben mag, eine Kuh lässt sich leicht in die Irre führen, der täuscht sich! Rinder sind intelligenter, als man denkt und sie lassen sich keinesfalls vom Rascheln von etwa paar Schrauben – die sich an Stelle von Nahrung in einem Futterkübel befinden – überlisten. Das beeindruckt die Tiere eher wenig.
Treiben
Unter Treiben versteht man, dass die Tiere auf ein bestimmtes Ziel hingetrieben werden. Es können verschiedene Methoden dafür verwendet werden. Ein bekanntes Prinzip ist das sogenannte Stockmanship. Unter Berücksichtigung ihrer Körperkommunikation und der Vermeidung von Stress ist es möglich, Kontrolle über sie zu erlangen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Tiere nicht zu erschrecken oder zu ängstigen. Stattdessen gibt man ihnen Zeit auf die Körperhaltung des Treibers anzusprechen. Das kann unter Umständen dauern. Gerade bei Rindern ist die normale Schrittgeschwindigkeit im Vergleich zum Menschen um 1-2 km/h langsamer. Hirt:innen müssen sich also dem entspannten Tempo der Rinder anpassen, wenn sie ihre Tiere nicht unter Druck setzen wollen.
Hütehunde
Auf Almen in Österreich werden eher selten Hütehunde eingesetzt. Wenn sie vorkommen, dann vermehrt auf Schafalmen. Voraussetzung für die Verwendung von Hütehunden ist auf jeden Fall ein gut ausgebildeter Hund, ebenso wie ein hervorragend geschulter Hundeführer.