Die ganzjährig bewirtschaftete Walcher Alm ist den Sommer über die Heimat der Kühe des Walcher Bauern zu Ramsau. Herbert Walcher sen. ist ihr langjähriger Senner, verantwortlich fürs Wohl seiner Kühe und das Gelingen des berühmten Steirerkas. Die vielen Gäste der Alm, die schöner nicht liegen könnte vor der mächtigen Felsmauer der Dachstein-Südwand, werden sommers wie winters mit Schmankerln aus der Almkäserei verwöhnt.
Enormer Besucherandrang schon auf der Alm
Auch beim traditionellen Schottenrühren am Almabtriebsfesttag und dem Almfrühstück auf der Alm sind die Tische längst besetzt, als ich gegen 09:45 eintreffe. Mit Herbert sen. habe ich schon im Vorfeld telefoniert. Ich wollte sichergehen, dass der Termin steht, nachdem eine Woche vorher die Walcheralm, wie so viele andere, im Schnee versunken war. Herbert konnte mich dahingehend beruhigen: Almabtrieb, wie geplant. Die Kühe blieben natürlich im Stall, aber das wäre am Heimathof nicht viel anders gewesen, auch das Ramsauer Hochplateau war zugeschneit.
Jetzt treffe ich Herbert bei den Vorbereitungsarbeiten, sprich dem Schmücken der Kühe, an. Wir vereinbaren ein kurzes Interview unten im Tal, jetzt ist es ihm zu stressig. Das zugesagte Interview wird dann leider nicht zustande kommen, weil ich Herbert unten im allgemeinen Trubel schlicht nicht mehr finde. Herbert war nämlich, zu meiner Überraschung, nicht selbst an der Spitze seiner Kühe ins Tal marschiert, sondern, wie ich nur vermuten kann, kurzfristig mit anderen dringenden Dingen beschäftigt.
Eine Jungkuh macht Faxen
Sei es drum, sage ich mir und versuche, die Stimmung einzufangen. Oben am Start: hohe Anspannung. Ich beobachte eine Jungkuh, die, nachdem sie mit einem dezenten Blumenkranz geschmückt ins „Kuhberuhigungs-Areal“ entlassen worden war, einen offensichtlich hochnervösen Eindruck auf mich macht. Und richtig; bringt die Gute denn auch sofort Unruhe in den beginnenden Abzug, indem sie mehrfach ausbüxt und die Treibermannschaft in Atem hält. Erschwert wird die Situation auf der Dachsteinstraße durch reichlichen entgegenkommenden Autoverkehr. Schwerstarbeit für die Treibermannschaft …
Ein Almabtrieb ist kein Kindergeburtstag
Ja, so ein Almabtrieb mit vielen, vielen Zaungästen ist kein Kindergeburtstag, sondern verlangt von den Verantwortlichen höchsten Einsatz, damit alles einigermaßen geordnet und unfallfrei über die Bühne geht. Das gelingt denn nach den beschriebenen Anfangsschwierigkeiten auch hier beim Abzug von der Walcheralm. Und so treffen Mannschaft und Kühe zu guter Letzt gesund und erschöpft bzw. erleichtert unten bei der Festwiese ein, wo die Kühe von ihren Kolleginnen begrüßt werden und sich sofort ins frische Gras verbeißen. Während sich die Treibermannschaft in den allgemeinen Trubel mischt und bei Speis und Trank fürs bevorstehende Fest stärkt.
Ich bin schwer beeindruckt von der Blechlawine, die sich da über den großzügigen Parkplatz und entlang der Straße ergossen hat. Viele deutsche Kennzeichen fallen mir ins Auge. Schön, sag’ ich mir. Noch schöner wäre es, wie ich mir schon am Vortag am Achensee beim Almfest von der Gramai Alm gedacht habe, wenn die Gäste in einer kurzen Ansprache über den ursprünglichen Sinn von Almabtriebsfesten unterrichtet würden …
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