Literarische Almschmankerln: Unfall, Unwetter, Blitzeinschlag und tobende Tiere

…In vergangenen Jahrhunderten haben überwiegend Frauen auf den Almen und Melkalmen im Alpenraum gearbeitet. Ihr Tag war beschwerlich und mitunter gefährlich. Von Unfällen, Abstürzen, Blitzeinschlägen und tödlichen Verletzungen berichtet der Tiroler Buchautor, Geschichtsexperte und Bibliothekar Georg Jäger in seinem dritten Band „Auf der Alm und im Gamsgebirge“.

Das einstige harte Leben im Alpenraum schildert der Tiroler Autor, Bibliothekar und promovierte Geschichtsexperte Georg Jäger aus dem Sellraintal schonungslos und detailreich. Die Gefährlichkeit von Leben und Arbeiten in den alpinen Almregionen ist durch zahlreiche Unfallberichte belegt. Der Textauszug stammt aus „Auf der Alm und im Gamsgebirge“, Band 3 der Reihe „Vergessene Zeugen des Alpenraumes“, erschienen 2021 im Kral Verlag (S. 193 – 196).

Von der wütenden Kälberkuh bis zum Flammeninferno
Dem „Neuigkeits-Welt-Blatt“ (Jg. 1874, Nr. 196, Wien, S. 5) wird am Sonntag, 30. August 1874, unter „Eine Sennerin gespießt“ aus Kumitz bei Aussee geschrieben: „Der Agatha Heiß, einer 18jährigen bildhübschen Sennerin auf der Seidenhof-Alm, passirte vor wenigen Tagen ein schweres Unglück. Eine Kälberkuh riß im Stalle die Kette ab und ging mit Wuth auf die übrigen Kühe los. Die Sennerin wollte Ruhe schaffen, da stieß ihr die Kuh das Horn fast einen halben Schuh tief in die Seite und ohnmächtig sank die Getroffene auf den Boden hin. Es wäre um das junge Leben wohl geschehen gewesen, wenn nicht eine benachbarte Sennerin herbeigekommen wäre und die in ihrem Blute sprachlos Liegende gefunden hätte. Nach einer ersten ärztlichen Hilfe legten vom Thale hinaufgekommene Männer sie auf eine Bahre und trugen sie sachte in ihr Elternhaus nach Obersdorf herab. Dank der gesunden Natur bleibt die gräßliche Wunde entzündungslos und das Leben des Mädchens gerettet.“

Sennerin in See eingebrochen
Der „Grazer Zeitung“ (Nr. 168, S. 2) wird am Dienstag, 25. Juli 1876, dieser Unglücksfall aus Gröbming gemeldet: „Am 8. des Monats ist die Sennerin Elisabeth Gruber im See auf der Planaalpe verunglückt, indem sie ein Rind, welches in den Schnee am Seerande gerieth, heraustreiben mußte und hiebei durchbrach. Trotz aller sogleich angewendeten Bemühungen gelang es erst am 16. des Monats einem Köhler, welcher sich ein Floß verfertigte, die Leiche der Verunglückten aufzufinden.“

Blitz eingeschlagen
Das „Grazer Volksblatt“ (11. Jg., Nr. 179, S. 1) meldet am Mittwoch, 7. August 1878, dieses Ereignis aus dem Ennstal in der Nähe von Liezen: „Ende vorigen Monats (Juli) schlug auf der Hinter-Steinalpe bei Weißenbach der Blitz in einen sogenannten Kühtrempel, wo die Brentlerin (Sennerin) gerade mit dem Melken beschäftigt war. Der Blitz tödtete eine Kuh, betäubte fast sämmtliches andere Vieh und verletzte auch die Brentlerin, welche auf einer Seite stark verbrannt wurde.“

Bei Unwetter von Fluten mitgerissen
Das „Linzer Volksblatt“ (23. Jg., Nr. 156, S. 3) notiert am Samstag, 11. Juli 1891, dass bei einem Gewitter (9. Juli) in Ramingstein eine Sennerin von „herabstürzenden Fluten“ mitgerissen wurde und dabei den Tod durch Ertrinken fand.

Brandunfall auf Sennalm
Das „Neuigkeits-Welt-Blatt“ (Jg. 1893, Nr. 210, Wien, S. 4) schreibt am Donnerstag, 14. September 1893, unter der Schlagzeile „Eine Sennerin in Flammen“ diese nachdenklich stimmenden Zeilen aus Donnersbachwald in der Steiermark: „Kürzlich brannte hier im sogenannten Höllkar eine Sennhütte nieder, wobei außerdem ein Menschenleben in schwere Gefahr gerieth. Das Unglück entstand auf folgende Weise. Die Sennerin hatte einen brennenden Span in die Holzwand der Sennhütte gesteckt und schlief dann ein, ehe sie den Span wieder beseitigt hatte. Plötzlich erwachte sie durch den Brandgeruch und erblickte, als sie erschreckt aus dem Schlummer emporfuhr, ein Bündel Kleider, welches knapp neben dem Bette hing, in hellen Flammen. Das Mädchen wollte das Feuer dämpfen, indem es die brennenden Kleider rasch herabriß und gegen den Leib drückte. Hiebei zog sich die Bedauernswerthe jedoch schwere Brandwunden an der Brust, dem Unterleibe und den Füßen zu, so daß sie zu dem Arzte nach dem benachbarten Irdning geschafft werden mußte. Die Sennhütte, in welcher sich das Feuer mit ungeheurer Raschheit verbreitet hatte, brannte gänzlich nieder und erleidet der Besitzer derselben einen erheblichen Schaden.“

Blitzeinschlag am Untersberg
Die „Tages-Post“ (35. Jg., Nr. 181, Mittwoch, 9. August 1899, Linz, S. 5) berichtet unter der Überschrift „Durch einen Blitzstrahl getödtet“ diesen Unglücksfall aus Salzburg: „Samstag, den 5. des Monats nachmittags zog ein – 195 – nicht drohend scheinendes Gewitter über das Plateau des Untersberges. Etwa ½ 4 Uhr fuhr plötzlich ein mächtiger Blitzstrahl zur Klingeralmhütte hernieder, vor welcher die Sennerin eine Kuh hielt, die vom Alpsbesitzer gemolken wurde. Der Blitzstrahl traf direct diese Gruppe und tödtete die Sennerin Elise Schmuck vom Kleinmairhofgute in Großgmain sowie die Kuh. Beide fiengen sofort zu brennen an. Der Bauer Simon Klinger, welcher heuer zum ersten Male seine Alpe besuchte, fieng auch zu brennen an, konnte sich aber doch kriechend vom Platze bewegen und fand auch sofort Hilfe. Heute begaben sich frühzeitig Bauernsöhne auf die Klingeralpe, die verunglückte Sennerin herabzubringen. Die Klingeralpe ist bei Gewittern immer gefährdet und es geschah in verflossenen Jahren ab und zu, daß ein Blitzstrahl Menschen gefährdete und Rinder erschlug.“

Vom Erfrierungstod bis zum eingeschlagenen Blitz
Wie bereits ausgeführt, kam manchmal auch der Tod durch Erfrieren bei den Sennerinnen im Alpenraum vor, wobei sich eine Häufung derartiger Unglücksfälle während der Übergangsjahreszeit vom Spätsommer zum Frühherbst feststellen lässt. So findet sich im „Vorarlberger Volksblatt“ (39. Jg., Nr. 241, S. 5) am Freitag, 21. Oktober 1904, diese Notiz aus Oberbayern: „Berchtesgaden, 16. Oktober. Am vergangenen Montag wollte die 60jährige Sennerin Liesel des Glaserbauern in Königssee zur Krautkaseralpe gehen, um von dort noch einige Sachen herabzubringen. Die Bedauernswerte hat wahrscheinlich vor Erschöpfung in dem hohen Schnee nicht mehr weitergehen können, sie blieb liegen und ist erfroren später aufgefunden worden.“

Der „Tiroler Anzeiger“ (21. Jg., Nr. 224, S. 4) schreibt am 28. September 1928 über eine erfrorene Sennerin in der Obersteiermark diese Zeilen: „Die Sennerin Maria Ebner ging am 22. September gegen 4 Uhr nachmittags von ihrer Hütte im Plettental bei Oberzeiring fort, um nach zwei verstiegenen Kalbinnen zu suchen. Infolge des heftigen Schneetreibens, das an diesem und am folgenden Tag herrschte, und des einfallenden starken Nebels verirrte sie sich und gelangte bis auf die Halsalpe bei Oberwölz, wo sie von dem Knecht Peter Bischof erfroren aufgefunden wurde.“

Blitz entzündete Almhütte
Dem „Tiroler Anzeiger“ (24. Jg., Nr. 180, S. 4) kann am Samstag, 8. August 1931, diese Meldung aus der Hochweidestufe im Salzburger Land entnommen werden: „Bad Reichenhall, 7. August. Aus Lofer wird mitgeteilt: In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (5. und 6. August) schlug bei einem Gewitter der Blitz in die Kaser des Geislerbauern auf dem Loferer ein und zündete. Die Almhütte ist vollständig niedergebrannt. Die als Sennerin beschäftigte 19 Jahre alte Tochter des Besitzers wurde im Schlafe vom Feuer überrascht und konnte sich nicht mehr retten. Sie mußte den Feuertod erleiden. Auch zwei Kälber sind dem Brande zum Opfer gefallen. Da sich das Unglück nachts ereignete, war eine Hilfeleistung unmöglich.“

Blitz traf Sennerin und Vieh
Umgekehrt wird aus Reit im Winkl am 24. Mai 1895, den „Innsbrucker Nachrichten“ (42. Jg., Nr. 123, S. 5) am Donnerstag, 30. Mai 1895 diese Kurzmeldung mit einem noch glücklichen Ausgang mitgeteilt: „Heute (24. des Monats) gieng eine Sennerin mit ihrem Vieh zur Alm. Abends zog ein nicht besonders starkes Gewitter über die Berge, welches für sie verhängnisvoll wurde. Als sie gerade beim Melken im Kaser beschäftigt war, streckte ein Blitzstrahl die Sennerin und drei Kühe zu Tode getroffen nieder. Die Sennerin ist im Gesicht und an der Brustseite durch den Blitz stark verbrannt.“

Bei Gewitter von Blitz getötet
Am Dienstag, 3. August 1937, berichtet das „Neue Wiener Journal“ (45. Jg., Nr. 15.699, S. 4: Hagelschlag in Kärnten) unter der Schlagzeile „Vom Blitz getötet“ über dieses Drama einer Brentlerin aus der Gemeinde Lurnfeld im Bezirk Spittal an der Drau: „Ein starkes Gewitter, das sich Samstag in den Nachmittagsstunden über dem Gebiet des Salzkofels bei Pusarnitz in Oberkärnten unter wolkenbruchartigem Regen entlud, hat ein Todesopfer gefordert. Aus der 1600 Meter hoch gelegenen Pusarnitzalm weilte die Bauerntochter Frieda Hartleb als Sennerin. Als das Unwetter losbrach, wollte sie zwei Kühe und ein Kalb, die sich noch im Freien befanden, unter Dach bringen. Während sie die Tiere vor sich hertrieb, zuckte plötzlich ein Blitzstrahl nieder und tötete Sennerin und Tiere auf der Stelle. Hirten der benachbarten Almen holten die Leiche ein, die, als sich das Wetter verzogen hatte, nach Pusarnitz zu Tal gebracht wurde.“

Den Tipp zum Buch „Auf der Alm und im Gamsgebirge“ aus der Reihe „Vergessene Zeugen des Alpenraumes“ (Kral Verlag) hier nachlesen. In den nächsten Monaten veröffentlichen wir Textauszüge aus dem Buch. Mit unserem neuen, kostenlosen Newsletter verpasst ihr keine Inhalte. Gleich unten anmelden!

Quelle:
Autor Georg Jäger
Verlag Kral, Berndorf
Erschienen 2021
445 Seiten, mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotografien
ISBN 978-3-99024-958-1

Kontaktdaten:
Kral GmbH Buchhandlung
Hernsteiner Straße 3/1
2560 Berndorf
buch@kral-berndorf.at
www.kral-buch.at

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