Freud‘ und Leid‘ liegen nah beieinander. Das gilt besonders für unseren Almen in vergangenen Zeiten. Harte Arbeit, Wetterumschwünge, schreckliche Unfälle waren großer Teil des Lebens, ebenso schöne und heitere Momente mit Natur, Vieh und Musik. An den von Buchautor Georg Jäger gesammelten Geschichten, Zeitungsberichten, Erlässen, Abhandlungen und Reisedokumentationen wird eines ganz deutlich: Vor allem Frauen haben anno dazumal auf den Almen den Großteil der Arbeiten verrichtet. Darauf macht Georg Jäger, Autor, Bibliothekar und Geschichtsexperte aus dem Tiroler Sellraintal, in seinem Band 3 von Georg Jäger „Auf der Alm und im Gamsgebirge“ aus seiner Buchreihe „Vergessene Zeugen des Alpenraumes), erschienen 2021 im Kral Verlag, aufmerksam.
Dabei zeigt sich gleichzeitig, dass überwiegend männliche Chronisten, Volkskundler oder Reisende Berichte über die Frauen auf den Almen verfassten. Die dadurch entstandenen Klischees müssen heutzutage hinterfragt werden. Fest steht, dass Frauen und junge Mädchen auf den Hochalmen schwerer Arbeit nachgehen mussten, sie unerbittlichem Wetter und Armut ausgesetzt waren und ihr Schicksal selten nicht frei wählen konnten.
Frauen als wichtige Arbeitskräfte
In der Hütte, am Feld und auf den Weiden wie am Herd, im Stall und der Sennerei standen Frauen und junge Mädchen überall im Einsatz. Als Arbeitskräfte waren sie auf den Almen des Alpenraumes „fast unentbehrlich“, schreibt Buchautor Georg Jäger in seinem Vorwort. Viele der damals wichtigen Berufe sind heute fast vollständig in Vergessenheit geraten. Doch Sennerinnen und Hirtinnen prägen nach wie vor das Bild unserer Almen.
Hartes Leben als Sennerin auf den Almen
„Die Frauen in den Alpenländern schätzten ihr Leben als Sennerin deshalb, weil es ihnen im Vergleich zu anderen Berufen eine relativ günstige soziale Stellung brachte und durch die eigenverantwortliche Arbeit auf der Alm ein Stück besondere Freiheit gab“, erklärt Jäger im Buch. Die Sennerin sei entweder „eine unverheiratete Bauerntochter“ oder „eine einfache Stallmagd“ gewesen. Schon mit 16 Jahren seien die jungen Frauen zur Arbeit auf die Alm gekommen. Ihr Leben sei „oberflächlich gesehen sehr idyllisch“ gewesen. „In Wirklichkeit handelte es sich aber um ein gefahr- und mühevolles Tagwerk mit körperlich sehr fordernder Milcharbeit“, schreibt Jäger im Vorwort.
Neben den Sennarbeiten waren die Frauen auch für die Bewirtung von Reisenden, Gamsjägern und dem restlichen Almpersonal zuständig. Viele Berichte weisen im Buch auch auf Gesangs-, Musik- und Tanzeinlagen hin, die nach der beschwerlichen Arbeit oder bei Almfesten für ein wenig Abwechslung und mitunter für so manche Aufregung gesorgt haben.
„Sennerinnen-Verbote“ von der katholischen Kirche
Er verweist auf einen interessanten Aspekt der Geschichte: Der weitum bekannte Spruch „Auf der Alm gibt’s koa Sünd‘“ kommt nicht von ungefähr. Die bereits erwähnte Freiheit abseits der strengen Hofhierarchie im Tal, die ausgelassenen Feste und die durch die kargen Verhältnisse gemeinsamen Schlafplätze von Männern, Kindern und Frauen sind hier mitgemeint. Die katholische Kirche vermutete ein „unkeusches Leben“ auf den Hochalmen, „was im Laufe der Geschichte den Erlass von verschiedenen Sennerinnen-Verboten zur Folge hatte.“ Die weiblichen Arbeitskräfte wurden aber dringend gebraucht, sodass sie auf den Almen vielerorts weiterhin ihrer schweren Arbeit nachgingen.
Die Armut in den Bergen und auf den Almen war allgegenwärtig. Deshalb sahen sich manche Sennerinnen gezwungen auf mitunter gefährlichen Steigen als Schmugglerinnen oder Wilderinnen aktiv zu sein, um ihre hungernden Familien durchbringen zu können. Den Gamswilderern und Wilderinnen in Tirol widmet Jäger im Buch mehrere Kapitel und berichtet von nicht wenigen tödlichen Abstürzen im steilen Fels.
Eindrückliche Zeitzeugnisse
Es ist dem Autor, Bibliothekar und promovierten Geografie- und Geschichtsexperten aus dem Tiroler Sellraintal ein Anliegen die damalige Not und Härte festzuhalten, damit sie nicht vergessen wird. Noch bis in die Zwischenkriegsjahre und nach dem zweiten Weltkrieg waren die Umstände im bäuerlichen Alpenraum alles andere als einfach. Heute entzieht sich die damalige Not oft unserem Verständnis. Mit seinen Büchern liefert Jäger wichtige Alltagschroniken dieser überaus harten Zeiten. Armut, Not, Kargheit, Ausweglosigkeit und Ausgeliefertsein sind wiederkehrende Motive.
Es sind eindrückliche Zeitzeugnisse auf Basis historisch-volkskundlicher Quellen, die Georg Jäger aus dem Tiroler Sellraintal für die Nachwelt bewahrt. Leben, Arbeiten und Umstände vergangener Zeiten werden ungeschönt geschildert und mit Schwarz-Weiß-Fotos bebildert. Spannende Einblicke ins Leben auf den Hochalmen vergangener Zeiten findet ihr in Band 3 „Auf der Alm und im Gamsgebirge“, in der Buchreihe „Vergessene Zeugen des Alpenraums“ 2021 im Kral Verlag erschienen. Anhand von Personen- und Ortsregistern werden Einzelschicksale und lokale Gegebenheiten des gesamten Alpenraumes ausgemacht. Das Buch kann hier bestellt werden.
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Quelle:
Autor Georg Jäger
Verlag Kral, Berndorf
Erschienen 2021
445 Seiten, mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Fotografien
ISBN 978-3-99024-958-1
Kontaktdaten:
Kral GmbH Buchhandlung
Hernsteiner Straße 3/1
2560 Berndorf
buch@kral-berndorf.at
www.kral-buch.at
Vom Bildschirm direkt auf die Alm
Weitere Bücher und Textauszüge von Georg Jäger
- Band 2: Frauen und Mädchen bei der Arbeit
- Aus Band 2: Die Wildheuerinnen im Ötztal
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- Pustertaler Jäterinnen im getreidereichen Pinzgau
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