Milch, Butter (Schmalz) und Käse zu produzieren war lange Zeit die Hauptaufgabe auf den Almen. Die wertvollen Milchprodukte wurden als Waren gehandelt oder gegen andere Waren eingetauscht. Die Almbauern waren verpflichtet einen Großteil der von ihnen produzierten Lebensmittel an Grundbesitzer abzuliefern oder auf Märkten im Tal zu verkaufen.
Der Text stammt von Martin Achrainer, Historiker und Betreuer des Archivs vom österreichischen Alpenverein. Er liefert Historisches aus der Wildschönau.
Die Erhebung von 1544 von Bauer Thomas von Asten von der Holzalm lässt einen groben Rückschluss auf den Ertrag in der Wildschönau zu. Während Käse und Thesen (kleine Behälter wohl für Ziger-Käse) stückweise gezählt wurden, ist die Menge an Butterschmalz stets in Pfund angegeben. Es ergibt sich daraus umgerechnet ein Ertrag von 13 bis 14 kg Schmalz pro Kuh. Für ein kg Schmalz braucht man heute den Rahm von ca. 25 Liter Milch. Da die Milch damals nur abgeschöpft wurde – die Zentrifuge kam erst um 1850 in Gebrauch –, rechnen wir mit rund 30 l, das ergibt bei 100 bis 120 Almtagen eine durchschnittliche Tagesmilchleistung von +/- vier Litern, oder entsprechend mehr, wenn der Fettgehalt der Milch geringer war als heute.
Diese tägliche Milchmenge erscheint plausibel: Noch im 19. Jahrhundert heißt es, eine Kuh gebe an 300 Milchtagen im Jahr im Durchschnitt 3 Maß = 4,23 l Milch. Die Käselaibe dürften von annähernd gleicher Größe gewesen sein – sonst hätte man wahrscheinlich das Gewicht angegeben und nicht die Stückzahl.
30 bis zu 40 kg Käse pro Kuh und Almsommer
Rechnet man für 1 kg Fettkäse ca. 10-15 l Milch, so ergibt sich ein Ertrag von 30 bis zu 40 kg Käse pro Kuh. Da die Bauern der Holzalm im Durchschnitt drei Käse pro Kuh heimbrachten, dürfte der Laib Fettkäse etwas mehr als 10 kg gewogen haben. Die Magerkäse waren sicher wesentlich kleiner. In dieser Rechnung sind die Produktionsbedingungen und damit die Ausbeute die größten Unsicherheiten, wahrscheinlich befinden wir uns damit an der obersten Grenze des tatsächlichen Ertrags.
Die Menge des Zigers lässt sich bei all diesen Unsicherheiten nicht mehr gut berechnen. Sie steht aber in einer deutlichen Relation zum Käse: Pro drei Käse fiel eine ‚These‘ an. Der Ziger war ein gefragtes Produkt und die ‚Thesen‘ wohl größere Brocken, denn bei einem Bauern finden wir folgende Angaben: Eine These hat er „umb grattenreder tauscht“ – vermutlich zwei Räder für einen Karren, sonst hätte man von Wagenrädern gesprochen. Die zweite These hat er in der Wildschönau „thauscht um ein khelbl“, also ein (junges) Kalb. Ihre Produkte tauschten oder verkauften die Hopfgartner Bauern hauptsächlich auf dem Markt.
Die auf die Holzalm auftriebsberechtigten Wildschönauer Bauern sind in dieser Erhebung von 1544 nicht befragt worden. Über sie heißt es lediglich: „Sonstn farn auf dies Albm 5 Auslender so disen Sumer 69 Khue allda gehabt, und die Nutzung davuon haben Sy all anhaym außer Gericht gefürt.“ Sie haben also ihre Almprodukte aus dem Gericht Hopfgarten heim in die ausländische Wildschönau geführt. Sie waren verpflichtet, ihre Erzeugnisse auf dem Wochenmarkt in Rattenberg zu verkaufen. Diese Regelung galt im Herbst von St. Bartholomäus bis St. Andreas – 24. August bis 30. November – und für sechs Wochen im Frühjahr. Außerhalb des Markts war der Verkauf nur an Rattenberger Bürger gestattet, oder an befugte Aufkäufer, die ihrerseits die Ware am Wochenmarkt anbieten mussten
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