Bär

Warum erregt der sporadisch auch in unseren Breiten auftauchende Bär weit weniger Aufsehen und Sorgen als der Wolf? Dabei wären Begegnungen mit dem Bären an sich für uns Menschen wahrscheinlich sogar gefährlicher, wie es etwa das Beispiel Rumänien zeigt, wo Bären in großer Zahl die Wälder der Karpaten bewohnen und es immer wieder zu gefährlichen Begegnungen mit Menschen kommt, die mitunter auch tödlich für letztere verlaufen? Risse von Schafen und anderen Nutztieren, die auf das Konto von Meister Petz, wie der Bär in der Fabel heißt, gehen, bleiben hierzulande aber weit hinter jenen von Gevatter Isegrimm (Wolfsname in der Fabel) zurück.

Bär Bruno aka JJ1, viele werden sich an jenen zotteligen Gesellen erinnern, der vor etlichen Jahren im Grenzgebiet zwischen Tirol und Bayern und mehr noch in den Schlagzeilen der deutschsprachigen Presse Dauergast war, bis er nach einem langwierigen juristischen Hin und Her und heftigen Prosteten von Bärenfans gegen eine amtlich erteilte Abschussbewilligung, die daraufhin auch zurückgezogen wurde, schließlich illegal erlegt wurde. Bruno hatte zuvor sowohl Nutz- als auch Haustiere gerissen auf seinen Grenzgängen, was seiner Popularität bei weiten Bevölkerungskreisen aber scheinbar nur geringe Einbußen bescherte.

Bären gelten als bedeutend scheuer als Wölfe, wenngleich nicht ganz so scheu wie der dritte Großräuber unserer Breiten, der Luchs. Diese Scheu kommt ganz offenbar auf unseren stark frequentierten Almgebieten zum Tragen. Bären haben es bisher nicht geschafft sich in den Alpen flächendeckend anzusiedeln. Sie bleiben durchziehende Gäste außer in kaum von Menschen besuchten Regionen, wie im Ötscher-Gebiet, wo Ansiedlungsprogramme auch nur zeitweise Erfolg hatten.

Dies und der damit verbundene Umstand, dass sie sich bei weitem nicht in dem Tempo vermehren, wie der Wolf, dürften die Gründe sein, warum wir mit dem Bären weniger Probleme haben in Tirol und generell in den Alpen und auf unseren Almen. Etwas salopp formuliert könnte man sagen: Wenn schon einmal ein Bär auf einer Alm einen Riss macht, dann nimmt der Betroffene dies eher als „höhere Gewalt“ und sozusagen Pech hin als beim Wolf. Der Bär ist als Allesfresser kein reiner Carnivore, zugleich weit weniger agil, beweglich und „lernfähig“ als der Wolf und vor allem – wie gesagt – bei uns jedenfalls weit weniger erfolgreich in der Reproduktion. Das soll nicht heißen, dass die seltenen Begegnungen mit Bären für Betroffene nicht traumatisch wären und von berechtigter Furcht begleitet, ebenso wenig wie Spuren von Bären in Wohnungsnähe wie unlängst im Pitztal hier als Lappalie abgetan werden sollen. Nur sind sie, wie Meister Petz selbst, eben sehr viel seltener als Wolfssichtungen und -risse.

Anders als in den bereits erwähnten rumänischen Karpaten, wo zusätzlich zu zahlreichen Wölfen geschätzte 5000 Bären in der Tat ein erhebliches Gefährdungspotential für die traditionelle Wanderschäferei aber auch für die nur rudimentär ausgebaute Tourismus- und Freizeitindustrie darstellen. Der ehemalige Tiroler Snowboardprofi Martin Freinademetz, der in Rumänien ein Schigebiet betreibt, berichtet etwa davon, dass in Rumänien niemand unbewaffnet einfach so in den Wald gehe. Und das aus gutem Grund.