Regen, was war das Ende März, Anfang April für ein Segen. Landwirte und Landwirtinnen, Almerinnen und Almer konnten kurz aufatmen. Doch der Winter war warm und trocken, die Schnee- und Niederschlagsmengen in ganz Österreich unterdurchschnittlich. Die Böden haben nicht viel Feuchtigkeit speichern können. Die im Frühjahr gerade gesäten Samen und die im Herbst in die Erde gesetzten Jungpflanzen tun sich schwer. Auch das Wiesengras kommt mit der zunehmenden Trockenheit schlecht zurecht, was die Futtermengen für die Weidetiere vermindern kann.
Trockenheit nimmt zu
Das Wetter lässt Natur- und Kulturlandschaft eben nicht im Regen stehen. Die trockenen Wetterphasen nehmen zu, das zeigen meteorologische Statistiken, und das seit zwanzig Jahren. Im Frühling gibt es laut der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) immer weniger Regen. Außerdem setzen die Klimakrise und damit verbundenen höheren Temperaturen den Böden weiter zu. Dadurch verdunstet mehr Wasser. Viel früher im Jahr beginnt es jetzt auch zu wachsen und sprießen, was einerseits den Untergrund weiter austrocknet, was andererseits die Chance bietet Weidevieh früher auf die Almen zu treiben.
Almwaale erhalten Artenvielfalt und bringen feuchte Böden
So oder so, grüne Alm-, Wiesen- und Weideflächen sind heiß begehrt, können sie doch laut Studien auch vor zu schneller Austrocknung der Böden schützen. Doch wie können die Flächen nachhaltig bewässert werden? Hier kommt eine alte Kulturtechnik ins Spiel, die hierzulande fast in Vergessenheit geraten ist: Waale. Diese von Hand angelegten Überläufe von Gebirgsbächen lassen Wasser großflächig über Almweiden und Bergmähder fließen. Damit wird der Boden befeuchtet und gleichzeitig mit Nähr- und Mineralstoffen gedüngt. Darüber hinaus kann damit verhindert werden, dass sich Sträucher, die trockene Böden lieben, und Gehölze (Almrosen, Erika, Wacholder, Latsche), Besenheiden (Preisel-, Heidelbeere) oder Borstgras weiter ausbreiten, was den vielfältigen Almkräutern und -blumen sowie der Biodiversität zugutekommt. Forscherinnen und Forscher finden entlang der alten Almwaale eine leicht erhöhte Pflanzen- und Insektenvielfalt. Weidetiere auf der Alm freuen sich über bessere Futterflächen.
Die Almwaale sind mittlerweile aber seltener als Niederschlagsmengen. Die Bewässerungskanäle werden heutzutage kaum noch angelegt. Die Technik bei dieser Bewässerungsform ist simpel, aber arbeitsintensiv. Von einem regulären Bachverlauf werden – nach Prüfung der Flächen und Genehmigung durch die örtlichen Behörden – schmale seitliche Kanäle händisch ausgegraben. Falls vorhanden, kann man alte Gräben wieder freilegen. Diese künstlich geschaffenen Abzweigungen leiten das Wasser zu den gewünschten Wiesen und Weiden. Der trockene Boden wird durch das kontrollierte Überlaufen der Kanäle genährt und kann sich regenieren. Weitere technische Hilfsmittel sind nicht nötig. Damit sich diese schonende Bewässerung lohnt, werden die Seitenkanäle regelmäßig geflutet und wird den Böden genügend Zeit zum Trocknen gegeben, nur so sind sie für Wasser aufnahmefähig. Denn zu feuchte Almflächen können Hangrutschungen verursachen und die Artenvielfalt vermindern.
Welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit eine Bewässerung mit Almwaalen möglich ist, erfahrt ihr im Video des Ländlichen Fortbildungsinstitut (LFI):
Traditionelles Handwerk rund um unsere Almen