Morgens um 4.20 Uhr aufstehen. Die Kühe bis 7 Uhr melken und auf die Almwiese treiben. Nach einer kurzen Pause bis mittags in der Käserei arbeiten und am Nachmittag Kühe von der Weide holen und bis 19 Uhr melken. Der Tag auf der Watschiger Alm im Kärntner Nassfeld ist für Hannah Pross und Alina Kofler lang. Die beiden jungen Frauen erleben ihre Arbeit als Hirtinnen und Beisennerinnen in der Natur, mit dem Vieh und ihrer Milch aber als sehr erfüllend.
„Einfach ein schönes Gefühl auf der Alm“
„Das Schönste auf der Alm ist in der Früh hinaus zu gehen. Alles ist ruhig. Der Tag fängt erst an. Wenn man dann die Kühe holen und melken geht, ist das einfach ein schönes Gefühl“, findet Alina Kofler treffende Worte für das „besondere Gefühl auf der Alm“. Hannah Pross kann dem zustimmen. Die beiden sind ausgebildete Landwirtinnen. Sie hat es schon früh, während und nach dem Studium auf die Alm gezogen.
„In der Natur sein, mit den Tieren, das macht echt Spaß“, erzählt Hannah im Videointerview. Sie ist bereits den dritten Sommer auf der Watschiger Alm, wo rund 45 Milchkühe von ihr, Alina und Sennerin Elisabeth Buchacher betreut werden. Aus der gewonnenen Almmilch stellen die drei Gailtaler Almkäse G.U. und andere Käsespezialitäten her. Wir haben ihnen in diesem Video bei den Sennarbeiten über die Schulter geschaut.
Keine Vorurteile
Dass den jungen Frauen auf der Alm die harte Arbeit nicht zugetraut wird, das sei noch nie vorgekommen, berichten sie. Ganz im Gegenteil: „Frauen können genauso gut die Männerarbeiten erledigen. Ich glaub, die Leute finden das gut, dass auch Frauen diese Arbeit machen und genauso gut bewältigen. Das kommt gut an“, sagt Alina Kofler. Auch Hannah hat keine negativen Kommentare vernommen. „Mir sind auf der Alm noch keine Vorurteile untergekommen, dass irgendjemand sagt, du bist eine Frau, du kannst das nicht oder was machst du hier als Frau.“
Frauen waren unersetzliche Arbeitskräfte
Historisch gesehen waren auf den Almen im deutschsprachigen Alpenraum vielerorts viele junge Frauen im Einsatz, wie aus den Büchern von Autor Georg Jäger hervorgeht, über die wir hier schon berichtet haben. In der Hütte, am Feld und auf den Weiden wie im Stall und in der Sennerei mussten Frauen und junge Mädchen, teils schon mit 16 Jahren, bei jedem Wetter schwere Arbeiten verrichten. Als Arbeitskräfte waren sie auf den Almen des Alpenraumes „fast unentbehrlich“, schreibt der Autor, Bibliothekar und Geschichtsexperte aus dem Tiroler Sellraintal. Er hat ihre Geschichten aufgespürt, wir dürfen einige Textauszüge veröffentlichen.
Zurück in die Jetzt-Zeit: Dort bekommen Hannah und Alina viel Wertschätzung für ihre Arbeit von Sennerin Elisabeth Buchacher, von den Landwirten und Landwirtinnen. Der größte Dank kommt aber von den Milchkühen, die sich – wie im Video zu sehen – mit den beiden jungen „Almerinnen“ augenscheinlich sehr wohl und gut betreut fühlen.
Mehr Verständnis für Arbeit gewünscht
Den Sommer haben Alina und Hannah sowie ihr Weidevieh genossen. Trotz der harten Arbeit überwiegen bei den beiden jungen Landwirtinnen die positiven Seiten des Almlebens. Eines würden sie sich am Ende des Gesprächs mit unserem Almfuchs wünschen: „mehr Verständnis für die Almwirtschaft und die Arbeit dahinter“, sagt Alina. Ihre Kollegin Hannah ist derselben Meinung. „Was ich mir mehr wünschen würde, wäre mehr Respekt gegenüber der harten Arbeit, die dahinter steckt. Es ist wirklich viel Handarbeit.“
Wenn die Kühe ruhig auf der Wiese grasen und die Wirtin oder der Wirt den neuen Käse mit Butter, Speck und Brot bringen, ist es für den Gast eine Idylle. Dass sich dahinter den ganzen Sommer über – meist ohne einen Tag Pause – und bei jedem Wind und Wetter schwere Arbeit verbirgt, rückt bei dem Genuss manchmal allzu schnell in den Hintergrund.
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