Mitten im Nationalpark Kalkalpen auf 1375 Metern Seehöhe gelegen, sieht man heute der Feichtaulam ihre bewegte Geschichte nicht an. So ruhig und selbstsicher liegt sie da zu Füßen des Hohen Nock, des höchsten Gipfels im Sengsen Gebirge, oberhalb von Molln in Oberösterreich. Unser Almfuchs hat die Alm und das Halter-Ehepaar, Rosa und Gerhard Rettenbacher besucht.
Jahrelang für die Alm gekämpft
Die wenigen Wanderer, die nach zweieinhalbstündigem Anmarsch vom Parkplatz Bodinggraben die wunderschöne Almhütte sehen, wissen vermutlich zumeist nicht, dass der Weiterbestand der Alm über Jahre hin am seidenen Faden gehangen hat. Dass die Alm längst von der Bildfläche verschwunden wäre, hätten nicht Rosa und Gerhard Rettenbacher, Bauersleute aus dem nahen Molln, jahrelang für die Alm gekämpft. Einen ungleichen Kampf gegen mächtige Forstbehörden und Nationalpark-Gewaltige. Die Alm, so Gerhard, war einigen ein Dorn im Auge. Ihm aber, der sich von Kindesbeinen an für die Alm abgerackert hat, war sie ein Herzensprojekt. Jetzt in ihren späten Siebzigern, blicken er und seine Rosa zufrieden auf ihr Lebenswerk.
Eingebettet in ein Meer aus Blumen liegt die Almhütte da, die die beiden in Stunden über Stunden an Arbeit in den 90ern des letzten Jahrhunderts neu gebaut haben. Daneben ein kleiner Stall, wo bis vor wenigen Jahren noch eine Handvoll Kühe die Milch für den vor Ort produzierten Almkäse geliefert haben. Gerhard zeigt mir das solarstrombetriebene Aggregat für die Melkmaschine. Gerade genug Power hatte das, um immer nur eine Kuh nach der anderen zu melken. Stressfreies Melken. Das gefällt mir und ich muss daran denken, wie ich mich in meinen Sommern als Melker manchmal abgeplagt habe mit drei zeitgleich laufenden Melk-Gehängen. Freilich sind es zwei Paar Stiefel, ob fünf oder fünfundvierzig Kühe zu melken sind.
Milchwirtschaft zu aufwendig geworden
Das Melken, Käsen und Buttern gehört auf der Feichtaualm jedoch der Vergangenheit an. Die aufwändige Arbeit wurde den Rettenbachers einfach zu viel. Gerhard junior, der Hofnachfolger, der immer wieder mal zum Arbeiten auf die Alm heraufkommt, hat im arbeitsreichen Sommer im Heimbetrieb am Hof Polz nicht die Zeit dafür. Eigenes Fachpersonal dafür anzustellen, rechnet sich nicht. Und deshalb weidet heutzutage nur mehr „pflegeleichtes“ Galtvieh auf der Alm: an die 100 Stück Rinder von insgesamt 10 Bauern aus der näheren Umgebung. Das tut dem Almcharakter dieses Juwels keinerlei Abbruch.
Bergwaldprojekt um Weideflächen freizuhalten
Damit das Vieh auch genug zu fressen und zu saufen haben, heißt es fleißig „Schwenden“ im Almsommer und das Wasser in den wenigen Quellbereichen zu fassen. Heuer helfen dabei Mitglieder des Alpenvereins (ÖAV) im Zuge eines einwöchigen „Bergwaldprojektes“ mit. In einem eigenen Video-Beitrag habe ich deren Einsatz unter der der Leitung des Forstexperten und Almbauern, Siegi Ellmauer, gewürdigt. Den findest du hier auf unserem Portal.
Gerhard und Rosa finden den Einsatz dieser 14 „Nothelfer“ großartig. Diese wiederum finden Rosas Verköstigung großartig. Auch alle Besucher und Besucherinnen der Alm verwöhnt Rosa mit Speis und Trank. Also, wenn du dich im Nationalpark Kalkalpen herumtreibst, dann versäume es nicht, die Feichtaualm zu besuchen. Du bist grad ganz woanders? Dann schau dich auf unserer interaktiven Almkarte um. Auch in deiner Nähe locken schöne Almen. Da bin ich mir sicher.
Fotos: Peter Fuchs
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